Volkskirche und Geld

In einem „Streitgespräch“ positionieren sich der säkulare Publizist Dr. Carsten Frerk und der Leiter des Kirchenrechtlichen Instituts der EKD, Prof. Dr. Hans Michael Heinig, zu den Staatsleistungen.
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Volkskirche und Geld: Zahlt der Staat zu viel?

Berlin (idea) – Soll der Staat den Kirchen den Geldhahn zudrehen? Darüber haben der Autor des „Violettbuchs Kirchenfinanzen“, der Politologe Carsten Frerk (Berlin), und der Leiter des Kirchenrechtlichen Instituts der EKD, Prof. Hans Michael Heinig (Göttingen) in Berlin ein Streitgespräch geführt. Dazu eingeladen hatte die Evangelische Nachrichtenagentur idea.

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Derzeit zahlt der Staat den großen Kirchen jährlich etwa 460 Millionen Euro. Diese Summe beruht auf Verträgen, die teilweise bis auf 1803 zurückgehen. Geht das mit rechten Dingen zu?

Frerk: Nein! Ich halte die nach 1945 zwischen Staat und Kirche getroffenen Zahlungsvereinbarungen für verfassungswidrig. Laut Grundgesetz sollen die Zahlungen abgelöst werden – das ist längst überfällig.

Heinig: Richtig ist, dass laut Artikel 140 des Grundgesetzes in Verbindung mit Artikel 138 der Weimarer Reichsverfassung die Zahlungen abgelöst wer-den sollen. Die Ablösung sollte Teil einer schiedlich-friedlichen Trennung von Staat und Kirche sein, das heißt gegen eine einmalige Entschädigung er-folgen …

… Experten schätzen, dass der Staat dafür einen Betrag von etwa zehn Milliarden Euro aufbringen müsste.

Frerk: Eine solch immens hohe Summe zu fordern, ist abwegig. Abgelöst werden kann nur auf Basis der Zahlen des Jahres 1919 – das ergäbe vielleicht eine Ablösesumme von einer Milliarde Euro, aber mehr nicht. Zudem hat der Staat den Kirchen seit 1945 bereits mehr als genug gezahlt – das ist demokratisch schon lange nicht mehr zu rechtfertigen.

Heinig: Nein, der Staat hat mit den bisherigen Zahlungen eine laufende Rechtspflicht erfüllt und nicht für deren Einstellung entschädigt. Sie können diese Zahlungen also nicht anrechnen. Das wäre so, als wenn Sie ein Haus zehn Jahre lang mieten, es dann kaufen und die bisherigen Mietzahlungen vom Kaufpreis abziehen wollen. Das ist absurd!

Frerk: Nein, absurd ist es, dass der Staat den Kirchen damit eine immerwährende Bestandsgarantie gibt.

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