Abschied mit leisen Tönen

DIE WELT, 24.4.2011

Von der Öffentlichkeit nahezu unbemerkt verhandeln Freistaat und Kirche über eine Neudefinition des Konkordats

(…)  In Folge der Säkularisation war die Reichskirche zusammengebrochen. Das Konkordat von 1817 sollte der katholischen Kirche einen finanziellen Ausgleich geben für die verloren gegangenen Besitztümer und gleichzeitig das Verhältnis von Königreich Bayern und Kirche neu regeln. Im Grundbestand ist dieser Kern des Konkordats bis heute gültig. Allerdings verlangte das Ende der Monarchie eine Neuregelung im Konkordat von 1924. Ein ähnlicher Vertrag wurde im selben Jahr mit der evangelischen Kirche geschlossen.

Mit diesen Verträgen waren für den Freistaat im vergangenen Jahr Ausgaben in Höhe von 115 Millionen Euro verbunden. Allein 28 Millionen Euro flossen in die Instandhaltung kirchlicher Gebäude. 65,7 Millionen Euro gingen an die katholische Kirche. Die evangelische Kirche erhielt 21,5 Millionen Euro. Darin eingeschlossenen sind die Gehälter für die katholischen Bischöfe, Kapitulare und Generalvikare in den Diözesen, die Gehälter des evangelischen Landesbischofs und des Landeskirchenrats sowie Zuschüsse für die Besoldung der Seelsorgegeistlichen. Dahinter steckt die Idee von König Ludwig I., wenigstens die Dome wieder mit Priestern auszustatten und so dem kirchlichen Leben in Bayern wieder zu neuem Glanz zu verhelfen.

„Dass der Domdekan sein Gehalt vom Staat bekommt, das versteht heute niemand mehr“, gibt Lorenz Wolf, der Leiter des Katholischen Büros Bayern, unumwunden zu. (…)

Der Rückhalt der Kirchen in der Gesellschaft schwindet. Selbst in der CSU, bisher ein verlässlicher Fürsprecher alles Christlichen in Bayern, denkt man nun laut darüber nach, Staat und Kirche zu entflechten. In Zeiten leerer werdender Kassen, dreht auch sie jeden Euro zweimal um. Der Verteilungskampf macht auch vor den Kirchen nicht halt. „In Bayern gibt es ein enges Zusammenwirken von Staat und Kirche, das bis in das Mittelalter zurückreicht. Das war prägend für Bayern und seine Kultur“, sagt Kultusminister Ludwig Spaenle. Grundsätzlich solle daran auch gar nichts geändert werden, beteuert der Minister. Aber an einigen Punkten überlege man doch, ob es nicht bessere Lösungen gebe: Wie zum Beispiel bei der Bezahlung der Würdenträger, dem Erhalt und der Renovierung von Pfarrhöfen und Kirchen oder bei der Wohnungsgewährungspflicht für ältere Domkapitulare. „Da brauchen wir Regelungen, die auf der Höhe der Zeit sind“, stellt Spaenle fest.

Das sieht auch die katholische Kirche so. Konkret werden die Verhandlungen derzeit bei der Frage der Wohnungsgewährungspflicht für die Domkapitulare: Gemäß Artikel 10 des Konkordats ist der Freistaat verpflichtet, den kirchlichen Würdenträgern eine „ihrem Stande entsprechende Wohnung“ anzuweisen. Doch was ist dieses Recht wert? Fest steht bisher nur: „Am Ende müssen beide Seiten zufrieden sein. So lange werden wir verhandeln“, sagt Lorenz Wolf. Wie lange das dauern wird, kann aber niemand sagen.

Die Gespräche laufen fernab der Öffentlichkeit. (…)

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