„Die Staatsleistungen sind geltendes Recht“

EVANGELISCHE KIRCHE EKD-Vertreter David Gill verteidigt die Überweisungen seitens des Staates. Man könne darüber reden, dass der Staat sich zurückziehe – aber nicht ohne Gegenleistung. Ein Ausstieg werde teuer

taz: Herr Gill, ist es gerechtfertigt, dass die beiden Volkskirchen über 460 Millionen Euro pro Jahr vom Staat erhalten, weil sie vor mehr als 200 Jahren enteignet worden sind?

David Gill: Die Staatsleistungen, die Sie damit ansprechen, sind geltendes Recht, und Verträge gelten auch dann, wenn sie vor langer Zeit vereinbart wurden, so wie es hier der Fall ist. In den Staatsleistungen setzt sich der Gedanke fort: Für den Teil der Finanzierungsgrundlage, der den Kirchen durch den Staat entzogen wurde, soll deren Arbeit finanziell unterstützt werden.

taz: Wie könnten die Staatsleistungen beendet werden: durch eine Einmalzahlung des Staates an die Kirchen?

David Gill: Wir können uns ein Ende der Staatsleistungen durch eine ordnungsgemäße Ablösung vorstellen. Nun ist der Auftrag der Verfassung, die Staatsleistungen zu beenden, aber zuerst ein Auftrag an den Gesetzgeber. Er muss sehen, wie er diese Aufgabe im Einvernehmen mit den Kirchen erfüllt. Darüber muss man diskutieren. Es ist aber ein seltsamer Ansatz, den die Humanistische Union verfolgt, dass der Staat nichts mehr zahlen müsse, weil er so viel schon gezahlt habe. Wenn ich über viele Jahre Miete gezahlt habe, macht mich das nach dieser Zeit noch lange nicht zum Eigentümer der Wohnung. Es könnte zum Beispiel ein Kapitalstock aufgebaut werden, der auf die Dauer die Leistungen des Staates ersetzt.

INTERVIEW: PHILIPP GESSLER

David Gill / 45 Jahre alt und Jurist, ist Stellvertreter des Bevollmächtigten der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD). Er fungiert als eine Art Botschafter des EKD-Rates in Berlin.

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